10. Tag, Dienstag, 29.07. – Der Höhepunkt: Cappana Regina Margherita auf der Signalkuppe (4559m)
Der Höhepunkt von’s Janze, im wahrsten Sinne des Wortes: Heute sollten wir den höchsten der ganzen Tour erreichen, die Signalkuppe (ital.: Punta Gniffeti), auf der das höchste Bauwerk Europas steht, die Cappana Regina Margherita auf nicht weniger als 4559 Metern über dem Meeresspiegel. Die Hütte ist gleichzeitig auch Forschungsstation zur Erforschung der Wirkung der Höhe auf den Menschen.
Der Aufstieg begann wie am Vortag über den Garstelet-Gletscher. Diesmal ließen wir aber die gestrigen Gipfel rechts liegen und zogen auf direktem Wege nach oben durch endlose Gletscherfelder. Letztlich war der Aufstieg relativ ereignislos, aber das beeindruckende Panorama lenkte die Blicke im wieder ab. Wir waren sogar mal kurz auf schweizerischem Gebiet. Zöllner gab’s da oben allerdings nicht. Als wir kurz vor dem letzten steilen Anstieg zur Signalkuppe waren, konnten wir uns nicht entscheiden, ob wir die Zumstein-Spitze noch am selben Tag besteigen sollte vor dem Schlußanstieg zur Hütte. Letztlich hoben wir sie uns für den nächsten Tag auf und stiegen hoch zur Hütte, auf die wir die Tage zuvor, gerade aus dem Sesia-Tal (Pastore-Hütte), so sehnsüchtig geblickt hatten.
Die Hütte bietet noch guten Komfort für die extreme Höhe. Geschlafen hätten wir zwar in Sechs-Bett-Zimmern, aber das war auf der Pastore-Hütte 3000 Meter tiefer auch nicht anders. Fließend Wasser gibt’s nicht, aber das wußten wir vorher. Eine heißte Suppe aber, und die tat richtig gut. Über den Kaffee decken wir dagegen den Mantel des Schweigens. Wie so häufig verzogen sich die meisten zu einem kurzen Nickerchen auf’s Zimmer. Zwei Stunden später war Matthias gezwungen, eine letztlich einfache, aber schmerzliche Entscheidung zu treffen: Alles sofort wieder runter zur Mantova-Hütte, da ein Gruppenmitglied Anzeichen der Höhenkrankheit zeigte. So sind wir dann noch am gleichen Nachmittag über die aufgeweichten Gletscher wieder abgestiegen. (Ohne Not vermeidet man eigentlich, Gletscher nach 14 Uhr zu betreten, weil die Tagessonne die Schneeschicht anschmilzt und damit die wichtigen Schneebrücken über die Gletscherspalten instabil werden läßt.) Wir waren oben! Wenn wir auch leider nicht in der Hütte übernachtet haben.
Die Mantova-Hütte war wieder proppenvoll, wir wurden im sog. “Winterlager” untergebracht. Das ist ein Nebenraum ohne Zugang zum Rest der Hütte, der winters geöffnet bleibt, auch wenn die Hütte nicht bewirtschaftet ist, um Winterwanderern Unterschlupf zu bieten. Dementsprechend einfach ist der Raum eingerichtet. Es standen neun Betten in drei Etagen zur Verfügung. Und Wasser gab’s an dem Tag auch auf der Mantova mal nicht: eingefroren! Meine Theorie zur Überfüllung: Das waren die gleichen Leute, die vor zwei Tagen die Hütte überfüllt hatten, weil einige einen Tag später kommen mußten wegen der Hüttenreservierung für die Eignersektion. Die waren gestern auf der Signalkuppe und sind heute wieder abgestiegen. Wir mußten mit dem Essen warten, bis im Speiseraum Platz wurde, bekamen dann aber gegen 20 Uhr das Gleiche wie alle anderen auch.
Den sofortigen Abstieg sehe ich mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Schade war’s um Zumstein-Spitze und Sonnenunter- und -aufgänge auf der Signalkuppe. Aber ich hatte etwas Sorge um den Abstieg. Planmäßig wären wir nämlich am nächsten Tag volle 2000 Meter abgestiegen bis zurück zur Gabiet-Hütte. So haben wir den Abstieg genau halbiert, was meinen Knien wesentlich lieber war.
APS3/1. Blick zurück auf die Mantova-Hütte im Morgenlicht.
APS3/2. Garstelet-Gletscher: Andere Seilschaften auf ähnlichem Weg wie wir.
APS3/3. Unsere Seilschaft an einer recht steilen Stelle im Gletscher.
APS3/4. Blick über Gletscherfelder bei aufgehender Sonne. Links die Ludwigshöhe, unterhalb der blendenden Sonne der Corno Nero (Schwarzhorn).
APS3/5. Kurz hinter dem Colle del Lys. Unserer weitere Weg wird sich am rechten Berg entlangschlängeln, dann in einem Linksbogen auf gleicher Höhe bleiben, um schließlich in einer letzten Rechtskurve den Berg hochführen. Das Ziel, die Margherita-Hütte, kann man schon erkennen auf dem Gipfel in der Bildmitte: Der schwarze Fleck an dessen linkem Rand. (v.l. Norbert, Vera, Burgi, Albin, Matthias)
APS3/6. Die letzten paar Meter vor uns, noch einen steilen Schlußanstieg hoch, und dann sind wir da… (v.l. Norberts Arm, Vera, Burgi, Albin, Matthias)
KB2/6a. Der höchste Punkt meiner Tour: Ich stehe auf der Signalkuppe auf 4559m! (Zu dem Zeitpunkt wußte ich bereits, daß der Anschluß ‘Mont Blanc’ ersetzt werden muß durch den Gran Paradiso und ich folglich nicht mehr höher kommen kann.)
APS3/7. Auch Norbert hat es natürlich geschafft! Hier ist das Matterhorn sehr schön zu erkennen: Der dreieckige Gipfel mit der ‘Schulter’ an der linken Flanke. Auf ‘meinem’ Bild verdeckt eine kleine Wolke die Spitze etwas.
KB2/7a. Blick von ganz oben auf den Rest der Welt, grobe Richtung Wüdwest. Der dominante Berg im Vordergrund ist der Lyskamm, direkt hinter ihm am Horizont kaum noch zu erkennen der Mont Blanc, weiter rechts wieder das charakteristische Matterhorn.
APS3/8. Beim Abstieg dreht sich die Reihenfolge der Seilschaft um, der Bergführer führt von hinten, weswegen jetzt nur noch einer vor mir war: Diesmal Albin. Eigentlich hätte man links blauschimmernde Seracs, abgebrochene Eisblöcke, erkennen sollen, aber da gehört schon etwas Fantasie zu…
APS3/9. Es wurde neblig (oder wolkig, wie man will). Ohne klare Spur im Schnee hätte man sich leicht weit verlaufen.
APS3/10. Blick in eine Gletscherspalte, aus der Hüfte geschossen. Es gibt weitaus größere…
APS3/11. Zurück auf der Terasse der Mantova-Hütte, wo alle ihre Klamotten sortieren. Schließlich soll es morgen zur letzten Etappe zurück zur Gabiet gehen. Mein Haufen ist übrigens der große, auf den mein Schatten zeigt 😉
Originally Created: 08/23/2003 05:32:56 PM
Last Edited: 07/18/2004 10:27:46 PM